more
less
jetzt
anfragen

Remote Work als Selbstständiger

Warum ich zum Teilzeit-Nomaden wurde

Ein Erfahrungsbericht über die Balance zwischen Büro und Beach, zwischen Struktur und Spontanität.

Autor:
Damian Müller
Lesezeit:
3 Minuten
November 2025
Bergpanorama auf Madeira

Der Ausgangspunkt:
Immer "on", nie wirklich weg

Als Selbstständiger mit eigenem Design-Studio kennst du das vielleicht: Traditioneller Urlaub funktioniert nicht wirklich. Das Business läuft im Kopf weiter, die Projekte lassen dich nicht los, und das schlechte Gewissen meldet sich spätestens am dritten Strandtag. Nach Jahren des Versuchs, "richtig" abzuschalten, habe ich aufgehört, gegen meine Natur anzukämpfen. Stattdessen habe ich einen Weg gefunden, der zu mir passt: Teil-Zeit Digital Nomad.

Die Philosophie:
Work-Life-Integration statt Work-Life-Balance

Seit drei Jahren verbringe ich mehrere Monate im Jahr remote – mal in den Strassenschluchten New Yorks, mal in einem Bordelaiser Strassencafé, mal auf den Klippen Madeiras, mal in der rauen Schönheit Islands. Nicht als Flucht vor der Arbeit, sondern als bewusste Integration von Arbeit und Leben. Mein Team war ohnehin schon remote organisiert, also warum nicht auch ich?

Ein typischer Tag sieht dann so aus: Morgenroutine mit Tee und Journaling, dann ein erster fokussierter Work-Block von drei bis vier Stunden (wenn die Inspiration am frischesten ist und die Welt noch ruhig). Später Kaffee und Brunch – mal mit Blick auf den Atlantik, mal in einem New Yorker Diner, mal in einem französischen Bistro. Nach einer bewussten Pause folgt am Nachmittag der zweite Focus-Block: nochmals ein paar Stunden konzentrierte Arbeit.

Was ich gelernt habe: Diese klaren Focus-Zeiten machen mich produktiver als im klassischen Büro-Setting. Keine unnötigen Meetings, keine Ablenkungen – nur ich und das Projekt. Dazwischen dann bewusst Abstand: eine Wanderung über die Klippen, ein Museum-Besuch oder einfach durch die Strassen treiben und beobachten. Abends Community-Time oder lokale Restaurants erkunden. Oder da es natürlich auch bei mir nicht ohne Meetings geht, ganz bewusste Tage für Besprechungen einlegen.

Klingt nach Instagram-Klischee? Ist es aber nicht. Es ist durchdachte Struktur, die Raum für Spontanität und Unvorhergesehenes lässt.

Der Game Changer:
Community ohne Zwang

Als Introvertierter war ich anfangs skeptisch gegenüber dem Community-Aspekt von Co-Living Spaces. Die Vorstellung von "forced socializing" war ein Graus. Aber Orte wie Outsite haben mir gezeigt: Es geht auch anders.

Die magische Formel? Menschen mit ähnlichem Mindset treffen, ohne den Druck, performen zu müssen. Mal joining ich abendliche Diskussionen, mal ziehe ich mich zurück – beides ist okay. Diese organischen Verbindungen geben mir oft mehr Insights und Inspiration als viele Networking-Events zuhause.

Digital vorausdenken?

Die Realität:
Nicht immer Beach, aber immer bereichernd

Lass uns ehrlich sein: Remote Work ist definitiv kein permanenter Urlaub. Die Deadlines bleiben dieselben, die Kundenanrufe auch. Aber der Kontext ändert alles. Ein UX-Problem löst sich leichter nach einer Wanderung in den Bergen. Ein Design-Konzept entwickelt sich flüssiger mit dem Savoir-vivre eines französischen Cafés im Hintergrund. Oder wenn nach einem produktiven Nachmittag in Porto ein Porto Tonic auf einer Terrasse über dem Douro wartet – diese kleinen Rituale schaffen den perfekten Übergang zwischen Focus und Entspannung. Die Energie einer Stadt wie New York oder die Ruhe der isländischen Landschaft – beides kann die Kreativität auf unterschiedliche Weise befeuern.

Was ich gelernt habe: Die Trennung zwischen "arbeiten" und "leben" ist künstlich. Wenn beides ineinander fliesst – bewusst gesteuert, nicht chaotisch vermischt – entsteht etwas Kraftvolles. Projekte profitieren von frischer Energie, und die Auszeiten sind erfüllender, weil sie nicht erzwungen sind.

Der Mehrwert für meine Arbeit

Diese Arbeitsweise macht mich nicht nur zu einem ausgeglicheneren Menschen, sondern auch zu einem besseren Designer. Neue Perspektiven, andere Kulturen, unterschiedliche Arbeitsweisen – all das fliesst in meine Projekte ein. Die minimalistische Ästhetik Skandinaviens, die Lebendigkeit New Yorks, die Eleganz französischer Gestaltung, die überraschende Kreativität Portos mit seinen Azulejos und der Mix aus Tradition und Moderne – jeder Ort hinterlässt Spuren in meiner Arbeit. Meine Kunden bekommen nicht nur technische Expertise, sondern auch frische Ideen und einen Designer, der nicht im eigenen Saft schmort.

Mein Learning:
Mut zum eigenen Weg

Zwischen Meetings mal kurz das Land erkunden, neue Kulturen erleben – das ist für mich als Freigeist pure Energie. Es geht nicht ums Davonlaufen, sondern ums bewusste Erweitern des eigenen Horizonts. Jede neue Stadt, jede andere Arbeitskultur erweitert meine Perspektive und macht mich kreativer.

Nomadentum (in Teilzeit) ist nicht für jeden. Aber für mich als selbstständiger Designer ist es die perfekte Lösung. Es erlaubt mir, produktiv zu bleiben und gleichzeitig neue Energie zu tanken. Es gibt mir Struktur und Freiheit zugleich.

Mein Rat? Hör auf, dich zwischen Arbeit und Leben entscheiden zu wollen. Finde deinen eigenen Mix. Experimentiere. Und vor allem: Hab den Mut, deinen eigenen Weg zu gehen – auch wenn er nicht ins klassische Schema passt.

Wo arbeite ich als nächstes remote?

Mal schauen. Vielleicht in die lebendigen Souks von Marrakesch eintauchen, wo Tradition auf Moderne trifft. Oder nach Oaxaca während Día de los Muertos – diese einzigartige Mischung aus Kultur, Farben und kreativer Energie zieht mich magisch an. Das Schöne am digitalen Arbeiten: Die Möglichkeiten sind endlos, solange das WiFi stimmt.

Über den Autor:
Damian führt nomira.ch, ein digitales Design-Studio mit Fokus auf UX und Visual Design. Wenn er nicht gerade Webflow-Projekte umsetzt oder an Design-Systemen feilt, findet man ihn beim Tennis, Padel oder auf Wanderungen in den Bergen.